Stiftung

75 Jahre danach: Historische Verantwortung wahren – Demokratie und Menschenrechte verteidigen

Thüringer Erklärung aus Anlass des 75. Jahrestages der Befreiung der nationalsozialistischen Konzentrationslager Buchenwald und Mittelbau-Dora

Zu den Herzstücken der Veranstaltungen aus Anlass der 75. Befreiungstage der Konzentrationslager Buchenwald und Mittelbau-Dora sollte die von den Repräsentanten der höchsten Verfassungsorgane des Freistaats Thüringen – dem Ministerpräsidenten, der Landtagspräsidentin und dem Präsidenten des Thüringer Verfassungsgerichtshofes – und der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora gemeinsam auf den Weg gebrachte „Thüringer Erklärung“ gehören. Sie wäre im Rahmen des großen feierlichen Gedenkaktes des Freistaats am 5. April 2020 im Deutschen Nationaltheater Weimar der Öffentlichkeit übergeben worden, im Beisein der Überlebenden und als konkretes, selbstverpflichtendes und orientierendes Zeichen dafür, dass die historische Erinnerung an den Nationalsozialismus und die seinen Verbrechen zum Opfer gefallen Menschen auch nach dem Erlöschen des lebendigen Gedächtnisses Zukunft haben muss und Zukunft haben wird.

Da der Gedenkakt wegen der Corona-Pandemie nicht stattfinden konnte, wurde die Erklärung am historischen Tag der Befreiungen – dem 11. April 2020 – in den großen Tageszeitungen Deutschlands publiziert. Alle Menschen guten Willens waren online eingeladen, sie mit zu unterzeichnen und damit ein deutliches Zeichen zu setzen – für eine demokratische und solidarische Zukunft, in der Hass, Rassismus und autoritäre Politik keinen Platz haben. Über 12.000 Unterzeichner:innen haben es in den ersten Tagen getan. Herzlichen Dank!

Schwarz-Weiß-Porträt Mozes Maurice Cantor
Mozes Maurice Cantor, 41 Jahre, Cellist aus den Niederlanden.
©U. S. Signal Corps, 21. April 1945

Auch 75 Jahre nach der Befreiung sind uns Unmenschlichkeit und Verbrechen des nationalsozialistischen Deutschlands bewusst. Wir ehren all jene, die sich widersetzten. Wir nehmen wachen Anteil an der Geschichte und dem Leid der Millionen Menschen, die von den Nationalsozialisten zunächst in Deutschland und dann in den vom „Dritten Reich“ besetzten Ländern entrechtet, entwürdigt, ausgegrenzt, ausgeplündert und ermordet worden sind: allen voran die deutschen und europäischen Juden, aber auch Sinti und Roma, Kranke und Behinderte, Homosexuelle, Zeugen Jehovas, sozial Diskriminierte und alle, die im besetzten Europa oder als Deportierte im Reichsgebiet Zwangsarbeit leisten mussten oder Opfer von Besatzungs- und Kriegsverbrechen wurden.

 

Wir sind uns bewusst, dass die Verachtung von Demokratie und Menschenrechten, dass Antisemitismus, Rassismus, soziale und kulturelle Vorurteile, ethnischer und nationalistischer Größenwahn, dass Habgier und Ausbeutungsbereitschaft Ursachen für die Verbrechen waren und dass diese Motive von vielen Deutschen der Zeit geteilt worden sind. Wir wissen und nehmen ernst, dass Deutschland sich nicht aus eigener Kraft vom Nationalsozialismus befreit hat, dass eine Vielzahl von Verbrechen ungesühnt blieb und zu viele Täter:innen und Tatgehilfen nach 1945 ihr Leben fortführen konnten, als sei nichts geschehen. Wir sind uns bewusst, dass die Etablierung und Festigung der Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland nicht zuletzt auf der selbstkritischen Auseinandersetzung mit den Untaten beruht, die ihr vorausgingen. Einen Schlussstrich darf es deshalb nicht geben.

Zu den Lehren aus der Geschichte gehört für uns die Gewissheit, dass eine demokratische, die Menschenwürde schützende Verfassung und funktionierende Gewaltenteilung das Rückgrat eines liberalen Rechtsstaates bilden. Ohne sie fallen Staat und Demokratie auseinander. Heute aber sind Rechtsradikalismus und autoritäre Gesinnung ebenso auf dem Vormarsch wie völkisches Überlegenheitsdenken, Nationalismus und die Unterminierung der Einheit Europas. Weltweit verwischen die Grenzen der Gewaltenteilung, Grundrechte werden bedroht oder sind bereits außer Kraft gesetzt. Rassismus und Antisemitismus werden offen propagiert und führen auch in Deutschland zu Gewalttaten, die vor einigen Jahren undenkbar gewesen wären. Im Licht der historischen Erinnerung wird deutlich erkennbar, dass die zerstörerischen Gifte von Gestern erneut als Allheilmittel angepriesen werden. Menschenrechte, Demokratie und Freiheit sind trotz der Erfahrung des Nationalsozialismus leider keineswegs selbstverständlich. Sie müssen immer wieder neu verteidigt werden. Dafür treten wir ein.

Goethe-Schiller-Denkmal, dahinter das Deutsche Nationaltheater mit dem Kampagnen-Poster
1/8
Fotos: Dorothee Schlüter, Peter Hansen
Hochschule für Musik Franz Liszt mit Plakaten
2/8
Fotos: Dorothee Schlüter, Peter Hansen
Plakat am Frauenplan, Weimar
3/8
Fotos: Dorothee Schlüter, Peter Hansen
Plakat am Hotel Elephant
4/8
Fotos: Dorothee Schlüter, Peter Hansen
Plakat an Häuserfassade der KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora
5/8
Fotos: Dorothee Schlüter, Peter Hansen
6/8
Fotos: Dorothee Schlüter, Peter Hansen
Plkat an Häuserfassade in Erfurt
7/8
Fotos: Dorothee Schlüter, Peter Hansen
Plakate am rathaus Weimar
8/8
Fotos: Dorothee Schlüter, Peter Hansen

Im April 2020 erinnerten auch Banner und Plakate an wichtigen öffentlichen Gebäuden und in den Straßen von Erfurt, Nordhausen und Weimar an die Bedeutung der Befreiungstage von Buchenwald und Mittelbau-Dora.

 

Sie fokussierten mit dem Artikel 1 der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“ von 1948 auf die zentrale Lehre und Antwort auf die Verbrechen des Nationalsozialismus:

 

Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.

Bodo Ramelow

Ministerpräsident des Freistaats Thüringen

 

Birgit Keller

Präsidentin des Thüringer Landtags

 

Dr. h.c. Stefan Kaufmann

Präsident des Thüringer Verfassungsgerichtshofs

 

Éva Fahidi-Pusztai, Budapest

Vertreterin Ungarns im Internationalen Komitee Buchenwald-Dora und Kommandos

 

Naftali Fürst, Haifa Vertreter Israels im Internationalen Komitee Buchenwald-Dora und Kommandos

 

Ivan Ivanji, Belgrad

Schriftsteller, Diplomat, Überlebender der Konzentrationslager Auschwitz und Buchenwald

 

… und weitere über 12.000 Unterzeichner:innen.

Erfurt

Erinnerungsort Topf & Söhne | Stadtmuseum

Thüringer Staatskanzlei

 

Nordhausen

Altes Rathaus | Filmpalast Neue Zeit

Landratsamt des Landkreises Nordhausen | Stadt Nordhausen

Stadtbibliothek | Stadtinformation | Stadtmuseum Flohburg

Standesamt | Theater Nordhausen

 

Weimar

Bauhaus-Universität Weimar | Biebereis & O Fruto Bio-Laden

Rosmarin | Deutsches Nationaltheater Weimar

Eckermann Buchhandlung | Evangelisch-Lutherische Kirchgemeinde

Haus der Weimarer Republik e. V.

Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar | Hotel Elephant

Jugend- und Kulturzentrum mon ami | Katholische Pfarrei Herz Jesu

Klassik Stiftung Weimar | Koriat Kuchenmanufaktur

Löwen-Apotheke | Stadt Weimar | Stadtmuseum | Volkshochschule

weimar GmbH | werkraum_media


var _paq = window._paq = window._paq || []; /* tracker methods like "setCustomDimension" should be called before "trackPageView" */ _paq.push(['trackPageView']); _paq.push(['enableLinkTracking']); (function() { var u="https://matomo.buchenwald.de/"; _paq.push(['setTrackerUrl', u+'matomo.php']); _paq.push(['setSiteId', '21']); var d=document, g=d.createElement('script'), s=d.getElementsByTagName('script')[0]; g.async=true; g.src=u+'matomo.js'; s.parentNode.insertBefore(g,s); })();