Mittelbau-Dora

Was macht Corona mit unseren Rundgängen?

Aufgrund der Covid-19 Pandemie musste die KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora zwei grundlegende Veränderungen in der Betreuung von Besucher:innen vornehmen: Zunächst mussten alle Besucher:innen eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen, im weiteren Verlauf der Pandemie auch die Führenden selbst. Diese Umstellung brachte die Befürchtung mit sich, dass die non-verbale Kommunikation zwischen Guide und Gruppe gestört werden könnte. Doch es zeigte sich, dass wir Menschen uns schnell daran gewöhnt hatten und die Kommunikation durch Gestik und Blickkontakt gut funktioniert. Die zweite und spürbarste Veränderung war aber die Schließung des Besucherstollens auf Grund der dort besonders hohen Infektionsgefahr. Die Stollenanlage wird von vielen Besucher:innen als Besonderheit und Highlight der KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora angesehen. Für sie ist der Stollen vermutlich überhaupt der Anlass, die Gedenkstätte aufzusuchen. Natürlich wurden Enttäuschung und Unmut über die Unerreichbarkeit der unterirdischen Anlage geäußert. Umso überraschender ist es für uns aber, dass ihre Schließung offensichtlich nicht nur Nachteile mit sich brachte.

Die Bildungsabteilung der KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora erarbeitete einen alternativen Rundgang, der sich nun ausschließlich auf das ehemalige Häftlingslager im oberirdischen Bereich erstreckt. Die meisten der relevanten Themen mussten nun neu verortet und mit anderen historischen Beispielen ausgestaltet werden. Dabei wurden weder der zeitliche Umfang noch der Informationsgehalt gekürzt. Die Besucher:innen nahmen diese Veränderung überraschend gut an. Indizien dafür waren nicht nur die direkten positiven Reaktionen gegenüber den Guides, sondern die hohe Nachfrage an den neuen öffentlichen Rundgängen. Obwohl die Besucher:innen jederzeit die kostenlose App zur Erkundung des Geländes hätten benutzten können, entschieden sich sehr viele für die Teilnahme an einem Rundgang. Nur wenige öffentliche Führungen mussten abgesagt werden und die überwiegende Anzahl war voll ausgebucht.

Besonders erwähnenswert ist, dass auch ein neu eingeführtes längeres Rundgangsformat von den Besucher:innen gut angenommen wurde. Das tägliche Angebot einer um eine Stunde längeren Führung (also insgesamt 2,5 Stunden statt 1,5 Stunden) ermöglichte es, Teile des ehemaligen Häftlingslagers zu erschließen, die bisher nur wenig Beachtung erhielten. Auf diese Weise konnten Themenkomplexe, die z.B. dem sogenannten Häftlingskrankenbau oder dem Lagergefängnis verbunden sind, einbezogen und aufgewertet werden. Gerade die längeren öffentlichen Rundgänge ermöglichten viele interessante Begegnungen. Die Besucher:innen stellten Fragen zur Quellenlage des historischen Ortes, zu Landschaftsgestaltung und Naturschutz, oder sie erkundigten sich bei den Guides, was sie motiviert, in einer KZ-Gedenkstätte zu arbeiten – durch die Länge des Rundganges konnten sich die Gruppenbegleiter:innen Zeit nehmen, um ausführlich auf diese Interessen einzugehen. Als unerwartet positive Erkenntnis aus dieser coronabedingten Veränderung können wir deshalb festhalten: Haben sich Besucher:innen bewusst für eine um 60 Minuten längere Führung entschieden, bringen sie offensichtlich auch das entsprechende Interesse und die Offenheit für anregende Gespräche mit.

Der Museologe Jan Lormis ist Mitarbeiter der Bildungsabteilung in der KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora.


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