Täglich treibt die SS Tausende Häftlinge zusammen. Mit Blick zum Lagertor steht am 8. April auch der 37-jährige Franzose Joseph Onfray aus Alençon abmarschbereit auf dem Appellplatz.
Er erinnert sich:
„Um 16 Uhr schauen wir zum letzten Mal zu der Uhr über dem Tor, die seit einem Jahr den Takt unseres Lebens vorgibt. Um 16 Uhr setzt sich der Block in Zweierreihen in Bewegung. Ein Lagerschutz notiert die Nummern der Abziehenden, und wir gehen durch das Tor ins Ungewisse: ‚Jedem das Seine...‘.
Block für Block und flankiert von einer schwachen SS-Wache, ziehen wir den Berg hinunter nach Weimar. Ein letztes Mal laufen wir die Zufahrtsstraße zum Lager entlang. Wir sehen zerbombte Baracken, den Sockel des Reichsadlers, die Fabrik und die Garagen in Trümmern. Ihr Orte des Schreckens, wir verlassen euch mit Bedauern, denn unsere Zukunft ist noch ungewisser als unsere bittere Vergangenheit.“[1]
In den Tagen vor der Befreiung treibt die SS insgesamt 28.000 Männer und Jungen aus dem Lager. In endlosen Fußmärschen und in überfüllten Güterwaggons werden sie in Richtung Dachau, Flossenbürg und Theresienstadt gebracht. Tausende kommen unterwegs um. Die letzten Buchenwalder Häftlinge erleben erst kurz vor Kriegsende Anfang Mai ihre Befreiung.
[1]Joseph Onfray, L’ame résiste. Journal d’un déporté, Alençon 1948, P. 264 (Übersetzung ML).