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Zwischen Repression und Liberalisierung:

§ 175 vom Kaiserreich bis in die Weimarer Republik

„§ 175. Die widernatürliche Unzucht, welche zwischen Personen männlichen Geschlechts oder von Menschen mit Thieren begangen wird, ist mit Gefängniß zu bestrafen; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.“
Wortlaut des Paragraf 175 Reichsstrafgesetzbuch (RStGB), 1872. (Bayrische Staatsbibliothek)

Mit der Gründung des deutschen Kaiserreichs im Jahr 1871 wurde erstmals ein in ganz Deutschland geltendes Strafgesetz gegen männliche Homosexualität erlassen. § 175 Reichsstrafgesetzbuch (RStGB) stellte homosexuelle Handlungen zwischen Männern unter Strafe. Es drohten Gefängnis und Verlust der bürgerlichen Rechte. Die gesellschaftlichen Moralvorstellungen waren an einem konservativen Begriff der Sittlichkeit orientiert und Abweichungen von der heterosexuellen Norm galten als „widernatürlich“.

Bereits im Kaiserreich forderten humanistische Verbände und Aktivist:innen ein Ende der Verfolgung Homosexueller und die Abschaffung des Paragrafen 175. Dennoch blieb dieser auch in der Weimarer Republik in Kraft. Die Gesellschaft wurde jedoch deutlich liberaler und es entstanden vielfältige queere Subkulturen – oft am Rande der Illegalität.

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Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich vom 1. Januar 1872. § 175 entsprach fast gleichlautend dem preußischen Strafgesetzbuch von 1851. Männliche Homosexualität wurde in fast allen Ländern seit dem späten Mittelalter teils drastisch bestraft. Erst 1994 wurde § 175 in der Bundesrepublik abgeschafft. (Bayrische Staatsbibliothek)
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Internationales Zentrum der Homosexuellenbewegung. Postkarte des Berliner Instituts für Sexualwissenschaft, 1919. Das im Juli 1919 von den Ärzten Magnus Hirschfeld, Friedrich Wertheim und Arthur Kronfeld gegründete Institut entwickelte sich schnell zu einem Zentrum für Forschung und sexuelle Aufklärung. Die Mitarbeiter:innen unterstützen Homosexuelle sowie trans- und intergeschlechtliche Personen. Der § 175 wurde wissenschaftlich und aktivistisch bekämpft.
(Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft)
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„§ 175: Die Schmach des Jahrhunderts!“, Streitschrift von Kurt Hiller, 1922. In seinem viel beachteten Buch forderte der Schriftsteller und Jurist Kurt Hiller die Abschaffung des § 175. Homosexuelle rief er dazu auf, sich selbstbewusst für die eigenen Menschenrechte einzusetzen.
(Deutsche Digitale Bibliothek)
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„Im klinischen Sinne Transvestit“. Attest des Instituts für Sexualwissenschaft, 23. November 1928. Die Polizei verfolgte auch transsexuelle Personen – im damaligen Sprachgebrauch „Transvestiten“ – als sogenannte kriminelle Sittlichkeitsverbrecher. Wer in der Öffentlichkeit mit Kleidern des vermeintlich anderen Geschlechts aufgegriffen wurde, drohte verhaftet zu werden. Ärztlich ausgestellte Atteste minderten diese Gefahr.
(Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft e. V.)
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„…ist hier als Männerkleidung tragend bekannt.“ Bescheinigung der Berliner Kriminalpolizei für Eva Katter, Berlin, 1928. Dieser „Transvestitenschein“ schützte Eva Katter, der fortan als Mann unter dem Namen Gerd Katter lebte, vor polizeilicher Verfolgung.
(Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft e. V.)
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Cover-Ausschnitt der Erstausgabe von „Die Freundschaft“, 13. August 1919. Die „Wochenzeitschrift für Aufklärung und geistige Hebung der idealen Freundschaft“ konnte in der Weimarer Republik legal an Kiosken erworben werden. Der Begriff Freundschaft diente als Metapher für Homosexualität. Als politische Hauptziele galten der Redaktion die Aufklärung über Homosexualität und die Abschaffung des § 175. Dies hatte auch staatliche Repression zur Folge.
(queer.de)
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Kommentar der Blätter für Menschenrecht über die fast geglückte Reform und Abschaffung des § 175, Dezember 1929. Der Strafrechtsausschuss des Deutschen Reichstages stimmte im Oktober 1929 mehrheitlich dafür, den Tatbestand der „einfachen widernatürlichen Unzucht zwischen Männern“ aus dem Strafrecht zu streichen. Allerdings gelangte der Entwurf im Plenum des Reichstages nicht mehr zur Abstimmung. Grund dafür waren dessen Auflösung im Juli 1930 und die Neuwahlen im September, bei denen die NSDAP einen deutlichen Stimmenzuwachs verzeichnete.
(Verein der Freunde eines schwulen Museums in Berlin e. V.)

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